Rationalität

Der Verstand ist ein Werkzeug der Psyche zur Verhaltenssteuerung. Seine Funktion basiert auf Rationalität. Deshalb wird er als rationaler Verstand bezeichnet. Das Rationale beschreibt den der gesamten Verstandesfunktion zugrunde liegenden Mechanismus:

  1. Innerhalb der Wahrnehmung bestimmte Elemente unterscheiden
  2. zwischen den Elementen der Wahrnehmung Zusammenhänge herstellen

Das wars! Das ist schon alles, was den Verstand ausmacht und es bildet die Grundlage für alles, was der Verstand tut. Der Verstand identifiziert in der Wahrnehmung bestimmte Elemente und setzt sie dann zueinander in Beziehung:

1. Unterscheiden ⇒ 2. Zusammenhänge herstellen

Damit lassen sich sehr komplexe Modelle der Realität erstellen, weil es viele verschiedene Arten von Unterscheidungen und auch viele Arten von Zusammenhängen gibt. Eine Gesetzmäßigkeit ist zum Beispiel eine ganz bestimmte Art von Zusammenhang, welche eine Bedingung mit einer Konsequenz verknüpft:

Bedingung ⇒ Konsequenz

Die Unterscheidungen und Zusammenhänge des Verstandes lassen sich in Sprache abbilden und so in eine äußerlich wahrnehmbare und kommunizierbare Form bringen. Dazu werden den Unterscheidungen Begriffe zugeordnet, die dann durch Aussagen zueinander in Beziehung gesetzt werden können:

Man kann sich die Arbeit des Verstandes wie in Schichten unterteilt vorstellen:

1. Wahrnehmung ⇒ Modellierung: In einem ersten Schritt baut sich der Verstand ein Modell der Realität auf, indem er die Elemente seiner Wahrnehmung identifiziert, unterscheidet, ihnen Eigenschaften zuordnet und sie mit Begriffen versieht.

2. Modell ⇒ Gesetzmäßigkeiten: Innerhalb des Modells können nun Gesetzmäßigkeiten erkannt werden. Diesen Schritt kann man als die eigentliche Erkenntnis ansehen, denn die Gesetzmäßigkeiten sind der Schlüssel für die Art, wie der Verstand das Verhalten steuert.
Gesetzmäßigkeit: Bedingung ⇒ Konsequenz

3. Gesetzmäßigkeiten ⇒ Schlussfolgerungen (Denken): Gesetzmäßigkeiten ermöglichen es dem Verstand, Schlussfolgerungen zu ziehen. Das wird auch als Denken bezeichnet und schafft die Grundlage für alle weiteren Schritte.

4. Schlussfolgerungen ⇒ Theorien: Mit Hilfe einer ganz besonderen Art von Gesetzmäßigkeiten - den Denkgesetzen, wie sie zum Beispiel die Gesetze der Logik darstellen - kann der Verstand sein Modell unabhängig von der Wahrnehmung weiter ausbauen. Aus bereits erkannten Gesetzmäßigkeiten werden durch Schlussfolgerungen weitere Gesetzmäßigkeiten abgeleitet und so losgelöst von der Realität Theorien gebildet, die - rein theoretisch - dennoch mit der Realität übereinstimmen (sollten). Dieser Schritt bildet neben der direkten Ableitung von Gesetzmäßigkeiten aus der Wahrnehmung der Realität (Punkt 2) eine zweite Form rationaler Erkenntnis.

5. Gesetzmäßigkeiten ⇒ Anwendung (Verhaltenssteuerung): Die erkannten Gesetzmäßigkeiten müssen nun in Beziehung gesetzt werden zu den Absichten und den Möglichkeiten des eigenen Verhaltens. Genauer gesagt wird versucht, mit Hilfe der Gesetzmäßigkeiten die Lücke zwischen den Absichten und den eigenen Verhaltensmöglichkeiten zu schließen.

Natürlich rotiert der Verstand permanent durch alle diese Schichten, um sie zu erweitern, zu optimieren und Fehler zu korrigieren.

Auf diese Weise schafft sich der Verstand ein Abbild der Realität, in welchem er das Verhalten der ihn umgebenden Welt nachbildet. Das Modell in seiner Gesamtheit bildet die Weltsicht. Sie ist die zentrale Arbeitsgrundlage des Verstandes, um durch den richtigen Einsatz des eigenen Verhaltens die Absichten zu verwirklichen.

Ein zentrales Element der Verstandestätigkeit sind Abbildungen:

Diese Abbildungen sind die zentrale Fehlerquelle in der Verstandestätigkeit. Aber nicht nur das: Der Verstand setzt falsche Abbildungen teilweise bewusst und teilweise unbewusst gezielt zur Manipulation und Ausübung von Macht ein. Das bestimmt den gegenwärtigen menschlichen Alltag massiv, ohne dass es ein bewusstes Problem wäre. Es rächt sich hier das Wissensvakuum, das dadurch entsteht, dass die Wissenschaft große Teile der menschlichen Realität nicht abbildet. Es gibt innerhalb der reinen Rationalität keinerlei Möglichkeit das aufzulösen. Es herrscht auf verbaler Ebene ein vollkommen aus dem Ruder gelaufener Krieg, der mit unfairsten Mitteln geführt wird. Sobald die nicht-rationalen Teile der Psyche ins Spiel kommen, wird die ganze Barbarei auf einen Schlag sichtbar, weil die nicht-rationalen Teile der Psyche falsche, verzerrte und manipulative rationale Konstrukte zuverlässig erkennen.

nächstes Kapitel: Schlussfolgerungen