Schlussfolgerungen

Gesetzmäßigkeiten bilden die Grundlage für das Ziehen von Schlussfolgerungen. Eine Gesetzmäßigkeit hat 3 Teile: Bedingung ⇒ Konsequenz
1. Bedingung
2. Konsequenz
3. Gesetzmäßigkeit ( ⇒ ) - der Zusammenhang zwischen Bedingung und Konsequenz

Eine Schlussfolgerung leitet aus jeweils 2 Teilen den fehlenden 3. Teil her. Dafür gibt es theoretisch 3 verschiedene Möglichkeiten mit allerdings völlig unterschiedlicher praktischer Bedeutung:

Induktion - das Erkennen einer Gesetzmäßigkeit durch Beobachtung der Realität (praktische Erkenntnis)
Durch Auswertung der Wahrnehmung bzw. Beobachten und Messen wird eine Konsequenz mit bestimmten Bedingungen in Verbindung gebracht:
Konsequenz + Bedingung = Gesetzmäßigkeit ( ⇒ )

Deduktion - die Anwendung einer Gesetzmäßigkeit
Eine allgemein gültige Gesetzmäßigkeit wird auf eine konkrete Bedingung angewandt, um die konkrete Konsequenz zu ermitteln:
(konkrete) Bedingung + Gesetzmäßigkeit = (konkrete) Konsequenz
Die Deduktion ist von den theoretisch 3 Arten des Schließens die Variante, die am meisten mit dem Begriff der "Schlussfolgerung" assoziiert wird. Die Deduktion ist sowohl die Grundlage für die praktische Anwendung von Gesetzmäßigkeiten als auch für das Herleiten neuer Gesetzmäßigkeiten aus bereits bekannten Gesetzmäßigkeiten mit Hilfe der Gesetze des Denkens bzw. der Logik (theoretische Erkenntnis).

Abduktion - das Vermuten von Ursachen
Aus einer Wirkung und einer Gesetzmäßigkeit wird auf eine mögliche Bedingung geschlossen, die dann allerdings praktisch überprüft werden muss:
Konsequenz + Gesetzmäßigkeit = Bedingung
Als Anwendung kann man sich zum Beispiel die Kriminalistik vorstellen, wo aus einer Verletzung auf mögliche Tatwaffen geschlussfolgert wird oder die Medizin, wo aus Symptomen auf mögliche Ursachen geschlossen wird.

Die Deduktion hat in dieser Aufzählung eine Sonderrolle, weil sie als einzige Variante rein gedanklich zu verlässlichen neuen Ergebnissen führt, ohne dass über die Wahrnehmung ein direkter Bezug zur Realität erforderlich ist. Mit Hilfe der Deduktion kann man Theorien bilden, welche die Realität beschreiben, ohne dass die beschriebenen Phänomene zuvor in der Realität wahrgenommen wurden. Die Deduktion ist Segen und Fluch des Verstandes zugleich, denn sie ermöglicht dem Verstand einerseits, rein gedanklich sein Bild von der Realität über die Wahrnehmung hinaus zu erweitern, aber sie ist gleichzeitig mit dem gar nicht so kleinen Risiko verbunden, durch falsche Annahmen oder falsche Schlüsse Theorien hervorzubringen, die zur Realität im Widerspruch stehen.

Das bedeutet, der Verstand bildet neue Gesetzmäßigkeiten auf 2 Wegen:

  1. durch direkte Ableitung aus der Wahrnehmung der Realität (praktische Erkenntnis)
  2. durch Verknüpfung bereits vorhandener Gesetzmäßigkeiten mit Hilfe der Denk-Gesetze (theoretische Erkenntnis)

Und daraus ergibt sich ein zentrales Grundproblem der Verstandesfunktion: Widersprüche!

Der Verstand hat die anspruchsvolle Aufgabe, ein Abbild der Realität zu erstellen, das sowohl in sich selbst als auch zur Realität widerspruchsfrei ist:
1. Alle Gesetzmäßigkeiten müssen mit der Realität übereinstimmen.
2. Alle Teile der Weltsicht müssen zueinander widerspruchsfrei sein.

Ein Widerspruch liegt dann vor,

In der Praxis ist das kaum wirklich lösbar. Deshalb benötigt der Verstand 2 Fähigkeiten:

Beide Fähigkeiten hat der Verstand auf der gegenwärtigen Stufe seiner Entwicklung aber nicht:

Auf der gegenwärtigen Stufe seiner Entwicklung hat die Widerspruchsfreiheit seiner Weltsicht für den Verstand eine höhere Priorität als ihre Übereinstimmung mit der Realität. Das führt zu einem starren Beharren auf Irrtümern, auch wenn die reale Entwicklung die Defizite der Weltsicht in aller Deutlichkeit zeigt.

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